
Die Visitenärzte führen im Rahmen des NÖ-Ärztesdienstes 141 diese Tätigkeiten im Auftrag der Behörde durch. Der im Sprengel diensthabende Arzt befindet sich für diese Tätigkeiten im öffentlichen Santitätsdienst und ist den Organen des Landes Niederösterreich hinsichtlich sanitätspolizeilicher Belange, soweit sie sich auf die Durchführung des Unterbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 155/1990 beziehen, weisungsgebunden.
Sinn des Unterbringungsgesetzes: Unterbringung eines psychisch Erkrankten in einer psychiatrischen Abteilung gegen ihren/seinen Willen zum Schutz der eigenen Gesundheit/Leben oder zum Schutz des Gesundheit/Leben anderer Personen.
Es gibt drei Voraussetzungen für eine Unterbringung, die alle kumulativ erfüllt sein müssen:
- Es muss eine psychische Erkrankung vorhanden sein
- Häufigste Erkrankungen als Anlass für eine Unterbringung: Schizophrenie, M. Alzheimer, Borderline, organisches Psychosyndrom. Nicht als psychische Erkrankung gelten: akuter Rauschzustand (Drogen, Alkohol), Oligophrenie (außer: Oligophrenie und zusätzlich Aufpropfpsychose).
- Es muss eine ernsthafte und erhebliche Gefährdung des eigenen Lebens/der eigenen Gesundheit oder des Lebens/Gesundheit anderer Personen bestehen.
- Ernsthafte Gefährdung des eigenen Lebens/Gesundheit besteht zum Beispiel: Selbstmordversuch, Selbstverletzung, dementer Patient mit Fluchttendenzen und Gefährdung im Straßenverkehr
- Ernsthafte Gefährdung des Lebens/Gesundheit anderer Personen besteht zum Beispiel: Verletzung oder glaubhafte und ernsthafte Bedrohung anderer Personen im Rahmen einer schizophrenen Wahnsymptomatik
- Keine ernsthafte Bedrohung des eigenen Lebens/Gesundheit stellt eine Verwahrlosung dar (z.B. Messi, grob verschmutze Wohnung oder verwahrloste Person). Das ist kein Grund für eine Unterbringung!
- Andere Möglichkeiten der Betreuung dürfen nicht vorhanden sein
- Es muss geprüft werden, ob eine andere Betreuung (außer der Zwangsmaßnahme der Unterbringung) möglich ist. Das kann z.B. sein: Betreuung in der eigenen Familie, psychosozialer Dienst
Ist einer dieser drei Punkte nicht erfüllt, darf der Patient nicht gegen seinen Willen in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht werden.
Checkliste UBG:
- Psychische Krankheit – Beurteilung nach dem jeweiligen Ausbildungsstand (Polizist->Amtsarzt->Psychiater->Richter)
- Es müssen konkrete Anhaltspunkte im Verhalten der Person vorliegen, wobei die Aspekte einer psychischen Erkrankung zu beurteilen sind. Dabei wird aber keine qualifizierte medizinische Beurteilung im Sinne einer psychiatrischen Diagnose verlangt! Ein exploratives Gespräch muss stattfinden. Ein bewusstloser oder narkotisierter Patient darf nicht zwangsweise untergebracht werden.
- Körperliche Erkrankung ohne psychische Krankheit:
- Es gibt keine Möglichkeit eine psychisch gesunde Person gegen ihren Willen zu behandeln. Der freie Wille eines einsichts- und urteilsfähigen Patienten ist zu akzeptieren, selbst wenn der Tod damit verbunden ist.
- Ernstliche und erhebliche Selbst und/oder Fremdgefährdung
- „Ernstlich” bezieht sich darauf daß der Schaden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eintreten muss.
- „Erheblich“ verweist darauf dass der Schaden ein besondere Schwere haben muss.
- Keine tatsächlich verfügbare Alternative zur Unterbringung
- Die Unterbringung ist nur zulässig wenn sie das letzte geeignete Mittel zur Behandlung der Person darstellt. Beispiele für Alternativen sind: Hausarzt, psychosoziale Dienste, niedergelassener Facharzt für Psychiatrie, Akutgeriatrie,…
Dokumentation/Bescheinigung/UBG-Formular
In der Bescheinigung ist festzuhalten, aus welchen Verhalten und welchen medizinischen Zustandsbildern sich die psychische Krankheit erschließen lässt worin die Gefährdung besteht und welche Alternativen geprüft wurden. Mit der Bescheinigung wird eine verbindliche Entscheidung über das weitere Procedere getroffen.
Wird eine Bescheinigung nicht ausgestellt, darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden. Wird eine Bescheinigung ausgestellt, muß die betroffene Person untergebracht werden. Eine fehlerhafte Bescheinigung behaftet die Verbringung in eine Psychiatrische Abteilung mit Rechtswidrigkeit.
Die Bescheinigung wird von der Polizei in die aufnehmende Abteilung mitgenommen und wird dort zum Teil der Krankengeschichte. Es muss das dafür vorgesehene UBG-Formular für die Polizei ausgefüllt und eine Kopie zur Eigendokumentation aufbewahrt werden.
Transport
Für den Transport und die Organisation des Transportes des Patienten in die psychiatrische Anstalt ist die Polizei verantwortlich (nicht der Arzt). Die Polizei kann den Rettungsdienst beiziehen.
Für den Transport im Rettungswagen muß die Begleitung und Sicherung bis zur Übergabe im KH durch die Polizei erfolgen.
Aufnahme in der Psychiatrie
Die Wahl der Zielabteilung richtet sich nach der Vorgabe der NÖ-Landesklinikenholding.
Der Abteilungsleiter (bzw. dessen Vertreter) der psychiatrischen Abteilung ist an die Bescheinigung nicht gebunden. Er/Sie wird in weiterer Folge den Patienten untersuchen und die Entscheidung treffen ob das UBG anzuwenden ist oder nicht. Nur wenn die Kriterien zutreffen wird der Patient entsprechend informiert und die Unterbringung tritt formal in Kraft.
Organisatorisches
– Bei jedem dieser Einsätze ist schon Polizei vor Ort, d.h. es gibt keine solchen Untersuchungen ohne Anwesenheit der Polizei.
– Die Polizei fordert derartige Einsätze direkt bei beim Disponenten von 144 Notruf NÖ an, der den jeweiligen Visitenarzt entsendet.
– Bei der Untersuchung selbst muss die Polizei anwesend sein.
UBG-Untersuchungen in NÖ-Landeskliniken
Da nur Ärzte die auch im „öffentlichen Sanitätsdienst“ tätig sind, UBG-Untersuchungen durchführen dürfen, kann es durchaus auch zu Berufungen eines UBG-Arztes an einen Standort der NÖ-Landeskliniken kommen. Es gilt aber, dass nur die Polizei die Anforderung durchführen darf – ein Krankenhaus muss sich also trotzdem vorab an die Polizei wenden.
Was wird für eine Untersuchung gemäß Unterbringungsgesetz bezahlt?
Pro durchgeführter Untersuchung erhält der Arzt nach Abschluss der Online-Dokumentation ein zusätzlichen Betrag von €125.- inklusive Fahrtkostenpauschale oder €87.- zuzüglich amtlichem Kilometergeld vergütet. D.h. sie bekommen mindestens €200.- für diesen Einsatz bezahlt.
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