
Aufgrund der ständig steigenden Erfordernisse erproben wir die Zusammenführung der Berufsbilder des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und des Notfallsanitäters in Form der Acute Community Nurse (ACN).
In Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, die Ressource Arzt/Ärztin flächendeckend und zeitnahe an Einsatzorte bringen zu können, gewährleistet der Einsatz der ACN eine Versorgung vorwiegend in der Rolle des „ Trouble Shooters “ – einerseits als qualitativ hochwertig ausgebildete NotfallsanitäterIn und andererseits als akademisch ausgebildete Pflegeperson, die steigende psychosoziale und pflegerische Bedarfe in Akutsituationen professionell beantworten kann.

Der Rettungsdienst ist häufig der einzige, niedrigschwellig und permanent erreichbare mobile und rasch aufsuchend tätige Gesundheitsdienstleister, in seiner Rolle als „Türöffner im österreichischen Gesundheitswesen“. Er nimmt dadurch zwangsläufig Aufgabenstellungen anderer Sozial- und Gesundheitsdienstleister wahr. Insbesondere in Regionen, in denen niedergelassene ÄrztInnen in Randzeiten nicht mehr oder nur mehr sehr eingeschränkt auf Hausbesuche gehen bzw. in denen die Wartezeit auf eine Visite aus Sicht des Betroffenen zu lange ist, wird der Rettungsdienst ungewollt zum Ersatz der allgemeinmedizinischen Versorgung. Ambulante Pflegedienste verfügen nur selten über Nacht- und mancherorts auch über keine Wochenendbereitschaft. Als Rückfallebene wird der Rettungsdienst als mobiles Auffangnetz verwendet (Vgl. Redelsteiner, 2017: Leitstellen als Steuerungselement im Gesundheitswesen).

Start Phase II November 2022
Dadurch trägt der Rettungsdienst aber zur weiteren Ressourcenüberlastung in den Krankenhäusern bei. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch in Niederösterreich ein beträchtlicher Anteil an Rettungseinsätzen nicht primär eine Hospitalisierung erfordert, sondern schon im Vorfeld durch die Arbeit der Acute Community Nurse ACN) vor Ort beantwortet werden kann. Um dieses neue Leistungsspektrum analysieren, diese neue Rolle entwickeln zu können, bedarf es einer Pilotierung des Einsatzes der Acute Community Nurse mit begleitender Evaluierung und kontinuierlichen Anpassung des Tätigkeitsfeldes.
Der Einsatz von Notfallsanitätern in Kombination mit einer Pflegeausbildung, bietet die Möglichkeit die Lücke in der Versorgung zwischen niedergelassenem Bereich und mobiler Pflege hin zur klinischen Versorgung in vielen Fällen zu schließen. Es kann zeitnah eine Betreuung bei akuten gesundheitlichen Problemen erfolgen, vor Ort und rund um die Uhr, als Ergänzung und nicht in Konkurrenz zu bestehenden Systemen. Durch den Einsatz dieses Fachpersonals werden unnötige Transporte in Kliniken vermieden, ein Vorteil für die PatientInnen und die ohnehin hohe Auslastung der Rettungsteams.
Die Acute Community Nurse soll für die Versorgung folgender Personen/Patientengruppen zur Verfügung stehen:
Bereich Rettungsdienst:
- Akut- und NotfallpatientInnen im Rahmen der rettungsdienstlichen Versorgung, Evaluierung der weiteren Versorgung und wenn nötig Transportbegleitung von Patienten bei ausgewählten Rettungsereignissen
Bereich Community Nursing:
- Personen mit diagnostizierten und (aus)therapierten chronischen Grunderkrankungen – Besuche im Rahmen von Disease Management Programmen bzw. Akutvisiten bei Exazerbation
- Personen mit akuten Problemen mit Sonden und ableitenden Systemen (PEG Sonden, Magensonden, suprapubische und transurethrale Harnkatheter, Enterostoma, etc…)
- Personen nach Entlassung von ungeplanten ambulanten oder kurz-stationären Aufenthalten (in Kooperation mit dem entlassenden KH)
- Visiten im Auftrag bzw. in Absprache mit regional tätigen niedergelassenen ÄrztInnen (Fach- und Allgemeinmedizin)
- Personen, die aus psychischen und/oder sozialen Gründen kaum Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem haben.
Durch den Einsatz der Acute Community Nurse in NÖ werden folgende Zielsetzungen verfolgt:
- Verbesserung der Versorgungsqualität durch „Trouble-Shooting“ insbesondere an Tagesrandzeiten, nachts und an Wochenenden bzw. Feiertagen
- Reduzierung von Ambulanzkontakten und Hospitalisierungen durch Einsatz/Pflege/Behandlung im häuslichen Umfeld in Akutsituationen
- Unterstützung des niedergelassenen Bereichs/Primärversorgung durch Übernahme von Hausbesuchen in Akutsituationen durch ACN
- Höhere Lebensqualität chronisch Kranker/Pflegebedürftiger und alter Menschen durch Verhinderung langer Transportwege und Wartezeiten
- Optimierung der Versorgungsqualität durch Nahtstellenmanagement und Vernetzung mit anderen Berufsgruppen, niedergelassenen ÄrztInnen, ambulanten Diensten, SozialarbeiterInnen und anderen in der Region
- Stärkung des Rettungswesens durch Zusammenarbeit mit ACN mit erweiterten Kompetenzen für den Rettungseinsatz
- Im Pilotbetrieb Erarbeiten eines zukunftsträchtigen Tätigkeitsprofils für ACN unter Bezugnahme auf die analysierten Leistungsdaten der Pilotierung, sowie Erarbeiten von rettungsdienstlichen und pflegerischen Versorgungsstandards für „Akutsituationen“ und deren Umsetzung samt Evaluation
Durch den Einsatz der Acute Community Nurse in NÖ werden folgende NICHTziele definiert:
- Eingriff in die Regelversorgung bestehender Gesundheitsanbieter und -einrichtungen (Fokus nur auf Versorgungslücken „Trouble Shooting“)
- Integration in den operativen Arbeitsprozess der ambulanten Dienste
- Konkurrenzsituation mit anderen Stakeholdern
- Wiederkehrende Routinetätigkeiten über längere Zeiträume
- Gewerblicher Einsatz
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.